Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 1.2019 | Page 25
Bisheriges Verfahren hat
Schwächen
Bisher ist es noch mühselig und zeit-
raubend, einzelne Zellen aus Gewebe -
proben herauszulösen. Reis weiß das
aus eigener Erfahrung. Der promovier-
te Biotechnologe, der bei der PAMB die
Gruppe Labormechatronik und -pro-
zesstechnik leitet, war während seines
Studiums an einem großen Forschungs -
projekt beteiligt. Immer wieder musste
er an einem sterilen Arbeitsplatz im
Labor Hautproben zerschneiden und
mit einem Enzym beträufeln. Über Nacht
entstand so im Kühlschrank eine Pampe,
die Reis anschließend durch ein Sieb
drücken musste, um daraus einzelne
Zellen zu extrahieren. Die Proze dur
konnte bis zu zwei Tage in An spruch
nehmen.
Aber nicht nur der Zeitverlust störte Reis. Noch viel mehr
mal fehlerhaft arbeiten, ist wenigstens nachvollziehbar, was
ärgerte er sich über die große Fehleranfälligkeit: »Sehr leicht vorgefallen ist. Denn eine Software protokolliert jeden einzel-
lagern sich Pilze oder Bakterien auf der Gewebeprobe ab«, nen Arbeitsschritt. Auch die Unwägbarkeiten der Enzym be -
sagt er. »Damit ist sie völlig unbrauchbar.« Hinzu kommt, dass handlung gehören bald der Vergangenheit an: Der Tissue -
die Enzyme nicht nur die Eiweiße zerschneiden, die die einzel- Grinder zerkleinert rein mechanisch und kommt deshalb ohne
nen Zellen der Gewebeprobe zusammenhalten, sondern auch Enzyme aus.
die Oberflächenmarker angreifen, die wie ein Schlüssel ge -
nutzt werden können, um Aussagen über den Zellzustand Erste Partnerunternehmen setzen das Gerät bereits zu Test -
oder -typ zu treffen. Darauf sind nämlich Diagnostiker bei zwecken ein. Parallel dazu plant Reis, den Apparat mit Künst -
nachfolgenden Untersuchungen der Zelle unter dem Mikro - licher Intelligenz auszustatten: »Bisher arbeitet der Tissue -
skop oder in einem Fluorescence Activated Cell Sorter (FACS) Grinder ein vorgegebenes Protokoll ab, das je nach Gewebe -
angewiesen. Und noch etwas wurmte den Wissenschaftler: art unterschiedliche Arbeitsschritte vorgibt«, sagt der Forscher.
»Es ist dem Zufall überlassen, ob das Untersuchungsergebnis »Künftig soll das Gerät selbst erkennen, womit es zu tun hat
reproduzierbar ist«, sagt Reis. »Jeder Laborant geht etwas und autonom entscheiden, wie es bei der Zerkleinerung am
anders vor bei der mechanischen Zerkleinerung der Gewebe - besten vorgeht.« Wie es mit ihm selbst weitergeht, da ist sich
proben.«
Reis hingegen noch nicht sicher: Er könnte sich mit dem
TissueGrinder selbstständig machen. Oder er bleibt der Wissen -
TissueGrinder soll Künstliche Intelligenz erhalten
schaft und der PAMB treu und verkauft eine Lizenz zur Her -
stel lung und Vermarktung an einen Investor. Interessenten
Reis begann sich zu fragen, ob es nicht irgendwie möglich
gibt es bereits.
n
sei, das Verfahren zu automatisieren und zu standardisieren.
Mit dem TissueGrinder ist er seinem Ziel nun sehr nah. Denn Kontakt
das Gerät schneidet und reibt immer gleich oft und wendet Dr.-Ing. Christian Reis
dabei stets die gleiche Kraft an. Die Einzelzellsuspensionen, Telefon +49 621 17207120
die der TissueGrinder aus Gewebeproben erzeugt, sind also [email protected]
miteinander vergleichbar. Und sollte das Mahlwerk doch ein-