Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 1.2016 | Page 36

36 FuE interaktiv 1|2016 3. Preis Impfstoffs zur Folge hat. Ausgeglichen wird dies durch mehrmalige Auffrischimpfungen, erhöhte Mengen an infektiösem Ausgangsmaterial und Wirkungsverstärkern. Dadurch entstehen Ein Bohrer mit drei Durchmessern und fünf Schneiden enorme Kosten und die gesellschaftliche Akzeptanz vieler Impfstoffe wird durch die Angst vor Nebenwirkungen vermindert. Beim konventionellen Bohren ist lediglich das Aufbohren Außerdem konnten wegen der Grenzen des Formaldehyd-Ver- produktiv. Das Ausfahren des Bohrwerkzeugs aus der fahrens gegen eine Reihe von Infektionen bisher noch keine Bohrung beansprucht bestenfalls Zeit, oft verursacht es Impfstoffe entwickelt werden. noch Bearbeitungsfehler durch Reiben an der Bohrungswandung. Den Wissenschaftlern Philipp Esch und Andreas Im Fraunhofer-Gemeinschaftsprojekt Elvira entwickelten die Gebhard ist es gelungen, ein »Neues Werkzeugkonzept Institute FEP, IGB und IPA unter Leitung des IZI eine neue Me- und Bearbeitungsverfahren für die Bohrbearbeitung thode zur Inaktivierung von Krankheitserregern für die Her- moderner Leichtbau-Werkstoffe« zu entwickeln, das die stellung wirksamerer Impfstoffe ohne die Verwendung von Rückwärtsbewegung des Bohrers produktiv nutzt, in- Chemikalien. Dazu werden Viren in einer wässrigen Lösung dem er eine weitere Schneide zum Einsatz bringt. Das (Virussuspension) mit niederenergetischen Elektronen be- Werkzeug verspricht z. B. in der Luftfahrtindustrie ein strahlt, was zur Zerstörung ihrer RNA/DNA führt. Der Clou hohes Einsparpotenzial. Beim Hans-Jürgen Warnecke dabei: Die Erreger werden inaktiviert, aber die für die erfolg- Innovationspreis 2015 wurde das bidirektionale Voll- reiche Impfung kritischen Protein-Antigene bleiben erhalten. bohrwerkzeug mit dem 3. Preis ausgezeichnet. Die IPA-Wissenschaftler Andreas Börner, Mario Bott, Chris- Stand der Technik im Bereich der Bearbeitung von hoch inno- topher Laske und Martin Thoma entwickelten dazu das Gerät, vativen Leichtbauwerkstoffen im Mehrschichtverbund stellen das sich in marktübliche Elektronenstrahler integrieren lässt sogenannte One-Shot-Bohrer dar. Diese Bohrwerkzeuge können und einen kontinuierlichen Flüssigkeitsfilm mit einer Höhe von zwar die teilweise sehr unterschiedlichen Materialschichten unter 150 µm in einer definierten Geschwindigkeit unter dem bearbeiten, stellen jedoch hinsichtlich Prozessparameterein- Strahlungsfenster hindurchführen kann. stellung als auch deren geometrischer Gestaltung einen Kom- »Damit liefern wir die Hardware zu einem automatisierten zeugbaren Qualität sind die Folge. promiss dar. Reduzierte Standzeit und Abstriche bei der erBestrahlungsverfahren, auf dem ein industriell implementierbarer Inaktivierungsprozess aufgebaut werden kann«, freut sich der Preisträger vom Fraunhofer IPA, Martin Thoma. Die Leichtbautechnologie-Experten haben ein Bearbeitungsverfahren entwickelt, das Werkstoffe mit unterschiedlichen Zerspanungsanforderungen oder Werkstoffe mit sehr hohen Kontakt Qualitätsanforderungen optimal bearbeiten kann. Dabei fokus- Martin Thoma sierten sie sich auf Faserverbundkunststoff-Metall-Schichtver- Telefon +49 711 970-1336 bunde, die zunehmend im Bereich der Luft- und Raumfahrt [email protected] zur Übertragung höchster Kräfte Einsatz finden. Sie konzipierten ein bidirektionales Vollbohrwerkzeug, das seinen Bohrer exzentrisch auslenken kann, sodass die rückwärtige Schneide zum Einsatz kommt. Dahinter steht die Idee