Geschichtendock 2020 ePub_Folge_11 | Page 4

«Mischen Sie sich bitte nicht ein.» Der Kontrolleur dreht sich genervt um. Und zuckt zusammen. Denn da steht ein Pirat im Gang des Zugwagons, die eine Hand an der Pistole, die andere am Säbel. Es ist Andres, der sich schon im Piratenschiff um uns gekümmert hatte. «Jetzt ist aber nicht Fasnacht.» «Kommt mit, wir gehen», befiehlt uns Andres und schiebt den Kontrolleur beiseite. «Aber ihr könnt doch nicht einfach ...» Ohne auf den Mann zu achten, gehen wir bis zum Vorraum des Wagons bei der Toilette. Mit einem Schlüssel öffnet Andres ein Fenster. «Aussteigen!», befiehlt er uns. Vor einigen Stunden zogen uns die Piraten an Seilen unter ihrem Schiff hindurch. Und nun sollen wir aus einem fahrenden Schnellzug springen? Das überleben wir nicht. «Es ist ganz einfach», sagt Andres freundlich und zeigt auf eine Strickleiter, die vom Himmel herunterbaumelt. Da kommt mir in den Sinn, was Zora gesagt hatte, dass nämlich in einer Geschichte alles möglich ist. «Wer bezahlt jetzt eure Busse fürs Schwarzfahren?» Der Kontrolleur ist wieder da. Und er hat einen muskulösen Kollegen als Verstärkung mitgebracht. «Festhalten und hoch mit euch.» Weil bisher alles gut gegangen ist, fassen wir nach der Strickleiter und steigen zum Fenster hinaus. Der Fahrtwind zerrt an unseren Kleidern. Wir zappeln einen Moment im Leeren herum, dann finden unsere Füsse Halt auf den Sprossen. Andres gibt dem Kontrolleur, der ihn festhalten will, einen Stoss, springt zum Fenster hinaus und hält sich unter unseren Füssen an der Strickleiter fest. Dann nimmt er seinen Hut ab und winkt damit nach oben. Langsam schweben wir aufwärts. Der Zug mit den beiden Kotrolleuren am Fenster wird schnell kleiner und sieht bald aus wie eine Spielzeugeisenbahn weit unter uns.