«Das weisst du doch ganz genau», höre ich eine Stimme, die von
nirgendwo und überall zu kommen scheint.
Die Stimme hat recht. Bei mir ist die Neugier stärker als die
Pflichterfüllung. Immer. Und so öffne ich das Buch. Es scheint, als ob ein
Windstoss durch den Keller fegen würde, an meinen Haaren zerrt und
alten Staub herumwirbelt.
«Ich hoffe, du weisst was du tust.»
Ich drehe mich um. Auf einem Regal an der Wand sitzt ein Mädchen mit
roten Haaren. Ihre geflickten Kleider sind schmutzig.
«Das ist ganz schön gefährlich.»
«Was soll an einem alten Buch schon gefährlich sein?», frage ich sie.
«Woher kommst du überhaupt, und was machst du in meinem Keller?»
«Das sind etwas viele Fragen auf einmal, Kati Gruber.» Das Mädchen lacht
und schüttelt die rote Mähne.
«Woher kennst du meinen Namen?»
«Du hast das Buch geöffnet und das ist dein Haus. Und jetzt wirst du mich
nicht mehr los.»
Bevor ich sagen kann, dass dies eine sehr komische Erklärung ist, höre ich
Schritte auf der Treppe.
«Kati, Kati, du musst ...» Mägi kommt in den Keller. Nicht mal hier unten
hat man seine Ruhe.
«Was ist?», frage ich, lege das Buch in die Kiste und mache der
Rothaarigen ein Zeichen, dass sie still sein soll. Dann gehe ich zum
Eingang des Kellers.
«Ich habe zwei Aufgaben, die ich noch lösen muss», sagt meine
Schwester ausser Atem.
«Na dann mach einfach vorwärts. Ich habe auch zu tun.»
«Aber du bist schon viel weiter als ich.»
«Weil ich nicht die ganze Zeit mit meinen Freundinnen herumchatte,
Schwesterherz.»