NAHRUNGSMITTEL
Ein Hoch auf die „Heimatküche“
Die anhaltende Internationalisierung und Globalisierung verstärkt die Neigung zur „Heimatküche“.
Hat man vor gar nicht allzu langer Zeit noch nach dem Exotischen Ausschau gehalten, wird gegenwärtig
einer unerwartet großen Vielfalt an Produkten österreichischer Herkunft große Aufmerksamkeit geschenkt.
Ehrlichkeit, Transparenz und Rückverfolgung lauten die Gebote der Stunde. Die österreichische Kulinarik
mit ihren regionalen Ausprägungen profitiert von dieser Entwicklung.
Die besondere Qualität in der heimischen Le-
bensmittelproduktion kommt schließlich der
österreichischen Küche zugute. Dennoch bedarf
es einer Schärfung des kulinarischen Profils, zu-
mal es für viele Länder und Regionen immer
wichtiger wird, sich als kulinarische Destination
zu positionieren.
New Nordic Cuisine als Prototyp
Als Vorbild für das Etablieren einer unverkenn-
bar landestypischen Kulinarik wird immer
wieder die New Nordic Cuisine zitiert. Jahrzehnte
lang wurde Skandinavien hauptsächlich mit
Köttbullar und Smørrebrød in Verbindung ge-
bracht. 2004 unterzeichneten allerdings einige
prominente skandinavische Köche ein Manifest,
in dem sie sich zu Natürlichkeit, Frische und
Verantwortungsbewusstsein beim Kochen ver-
pflichteten. Damit setzten sie in der bislang
scheinbar kulinarischen nordischen Einöde
einen wahrlichen Siegeszug in Gang. Längst
vergessene Küchentraditionen und Produkte
wurden wiederbelebt, um eine Form der Hoch-
küche zu verwirklichen und regionale Kochstile
zur „New Nordic Cuisine“ zu vereinen.
Mittlerweile zählt Skandinavien zu den inter-
essantesten und spannendsten europäischen
Kulinarik- und Gastro-Destinationen. Ver-
ständlich, dass erfolgshungrige Köche auf Au-
thentizität, Regionalität, Saisonalität und Sto-
rytelling setzen. Ernüchternd ist allerdings die
Erkenntnis, dass Österreichs einzigartige Kuli-
GASTRO Branchenbuch
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narik außerhalb des deutschen Sprachraums
nahezu unbekannt ist. Laut einer vom BMWFW
in Auftrag gegebenen Studie wird das Urlaubs-
land Österreich nicht primär mit Kulinarik as-
soziiert, wie es zum Beispiel für Italien als inter-
essantestes Kulinarik-Reiseziel oder auch für
Frankreich der Fall ist.
Obwohl Österreichs Kulinarik sehr „lebendig“
ist, findet sich der Terminus „österreichische
Küche“ im Kanon der internationalen Küchen
schlichtweg nicht. „Insgesamt kann in Bezug
auf Österreich wohl am ehesten von einer
Nationalküche gesprochen werden, die ihre
Eigenarten vor allem aus der Einstellung zum
Essen und Trinken, aus der kulinarischen Men-
talität, aus der Bevorzugung bestimmter Spei-