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träger vorhanden sind, deren Nutzung kostengünstig und technisch problemlos reali-
sierbar ist. Hoffnungen auf eine Möglichkeit, trotz steigenden Verbrauchs an fossilen
Primärenergieträgern eine Reduktion der Kohlenstoffemissionen zu bewirken, richten
sich derzeit vielfach auf den Einsatz der sogenannten CCS (Carbon Capture and Stora-
ge) Technologie. Bei dieser Technologie sollen CO 2 Emissionen großer Kraftwerke und
Industrieanlagen aus den Abgasen herausgefiltert werden und das CO 2 anschließend in
flüssiger Form in geologischen Formationen unterirdisch gespeichert werden, anstatt in
die Atmosphäre zu gelangen.
Noch ist unklar, ob die CCS Technologie diese hohen Erwartungen erfüllen kann. Zum
einen sind die ökologischen Nebenwirkungen der in Frage kommenden Technologien
derzeit nur unzureichend verstanden, sowohl in Bezug auf Transport und geologische
Speicherung als auch in Hinblick auf die Umweltauswirkungen der chemischen Abschei-
dungstechnologien. So ist beispielsweise bisher noch ungeklärt, in welchem Ausmaß
die beiden bisher am weitesten entwickelten Abscheidungstechnologien – Aminwäsche
und gekühltes Ammoniak – zur Freisetzung von gesundheitsschädlichen Schadstoffen
und Partikeln führen.
Zum anderen wird ein großflächiger Einsatz aufgrund des aktuellen Entwicklungsstan-
des der Technik sowie der langen Entwicklungszeit erst nach dem Jahr 2035 erwartet.
Angesicht weltweiter CO 2 Emissionen von 34 Gt im Jahr 2011 bei steigender Tendenz,
wäre das unter Klimaaspekten zur Verfügung stehende Budget von 600-750 Gt CO 2 be-
reits aufgebraucht, noch bevor CCS Technologien signifikant zur Vermeidung von CO 2
Emissionen beitragen könnten.
Die wirtschaftlichen Anreize für eine Einführung von CCS sind derzeit gering. Die Kos-
ten für CCS werden auf ca. 45 EUR pro Tonne CO 2 geschätzt, die zum Großteil aus dem
steigenden Bedarf an Primärenergie resultieren. Mit weiterhin ansteigenden Energiekos-
ten würden auch die Kosten für CCS ansteigen. Gleichzeitig würden erneuerbare Energi-
en gegenüber fossilen Kraftwerken mit CCS stärker konkurrenzfähig, je höher die Kos-
ten für CCS liegen. Anders stellt sich die Situation in der Industrie dar. Im Unterschied
zum Energiesektor gibt es hier nur wenige alternative Möglichkeiten, CO 2 Emissionen
zu reduzieren, als über CCS. Insgesamt jedoch erscheinen Investitionen in CCS ange-
sichts eines aktuellen CO 2 Preises von ca. 5 EUR im Markt für Emissionszertifikate nicht
attraktiv. Das Hauptinteresse an einer Einführung von CCS besteht derzeit von Seiten
der Ölindustrie, wo abgeschiedenes CO 2 über das sogenannte »Enhanced Oil Recovery«
(EOR) für die Förderung von Ölquellen genutzt werden kann.
Eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung von Technologien, die eine Ein-
sparung von CO 2 bewirken, scheint auch im konkreten Fall von CCS die stärkere Beprei-
sung von CO 2 Emissionen zu sein. So könnte beispielsweise eine sektorübergreifende
CO 2 Steuer einerseits eine zusätzliche Einnahmequelle für Industrienationen darstellen
und andererseits Investitionen sowohl in regenerative Energietechnologien als auch in
CO 2 Einsparungstechnologien wie CCS stimulieren.
Eingebettet werden müssten solche Maßnahmen in eine weltweit verbindliche Begren-
zung des Kohlenstoffbudgets der Atmosphäre, das von einer Weltklimabank verwaltet
wird, wie sie der WBGU bereits im Jahr 2009 vorgeschlagen hat.
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