G20 Foundation Research Green Growth Forum Communique | Page 61

Energiewende: vom Konsumenten zum Produzenten – dezentrale Energie als Quelle von »Green Growth« in den G20 Ländern Christian Langen Apricum Group N achhaltiges Wachstum im Sinne von »Green Growth« stellt ein wichtiges Ziel des aktuellen G20-Prozesses dar. Die größten Chancen, die Früchte eines solchen Wachstumsansatzes einer breiten gesellschaftlichen Mehrheit in den G20 Län- dern zugänglich zu machen, entstehen dabei neben der besseren Nutzung von Informa- tionstechnologien im Bereich der Energieerzeugung. Einen Weg dazu eröffnet der fun- damentale Wandel von einer zentralistisch organisierten Energieinfrastruktur zu einer dezentral aufgebauten Energieversorgung, die verschiedene bestehende Technologien verbindet. In den G20 Ländern ist Energieversorgung heute trotz teilweise erfolgter Pri- vatisierung und Entbündelung von Netzbetrieb und Erzeugung faktisch eine Zentralauf- gabe, die in den Händen weniger Unternehmen und Institutionen liegt. Die Logik des Systems entspricht dabei der eines kontrollierten Flusses in eine Richtung, vom Groß- kraftwerk zur Verbrauchsstelle. Eine Alternative wäre es, Energie »von unten« zu denken, was zu einer radikalen Trans- formation entlang der gesamten Wertschöpfungskette sowie einem stärkeren privaten Engagement in Finanzierung und Umsetzung der Energiewende führen würde. Die Grundlagen für einen solchen fundamentalen Wandel sind dabei besser denn je. Zum wirtschaftlichen Einsatz z. B. von Solar- und Onshore-Windenergie bedarf es kei- ner wesentlichen technologischen Durchbrüche mehr. Aufgrund der Kostenreduktion der letzten Jahre von über 50 % werden diese Technologien schon in wenigen Jahren gänzlich ohne Förderung in vielen Anwendungen die wirtschaftlich beste Alternative darstellen. Neue Informationstechnologien spielen zudem eine wesentliche Rolle. Wir sind zunehmend in der Lage, in Echtzeit Informationen über Verbrauch und Erzeugung von Energie zu sammeln und diese vor Ort zu intelligenter Steuerung und Vernetzung zu nutzen. Letztlich bedarf es zur erfolgreichen Umsetzung gesetzlicher und struktureller Anpas- sungen sowie einer Neudefinition der Rolle von Staat, Energieunternehmen und Bürgern im Bezug auf das Thema Energie. In Deutschland stehen einer überdurchschnittlichen indirekten Förderung erneuerbarer Energien z. B. durch Einspeisetarife dennoch allzu zentralistisch strukturierte Regulierung, steuerliche Hürden und die Beharrungskräfte der großen Energieversorger gegenüber, die mehr das Risiko als die entstehenden Chan- cen einer Dezentralisierung in den Vordergrund stellen. Die Vorteile eines Ausbaus der dezentralen Energieversorgung gehen dabei weit über die langfristig wirtschaftlichere Versorgung der Bevölkerung mit Strom hinaus. Es entste- hen Chancen für neue Geschäftsmodelle an der Schnittstelle von Informationstechno- logie, Energieerzeugung und Energieeffizienz. Vorteile wie die höhere Ausfallsicherheit durch viele verteilte Erzeuger sowie besserer Schutz der sicherheitsrelevanten Energie­ infrastruktur sprechen ebenfalls dafür. Mittelfristig wird sich sogar der Transportbedarf für Strom reduzieren statt erhöhen, allen Diskussionen um den Netzausbau zum Trotz. Green Growth Forum | Kommuniqué | Publikationsbeiträge 59