Festschrift Jubiläum 25 Jahre | Page 8

8 werden auch Gefühl und Willen angesprochen und die Buchstaben aus künstlerisch gestalteten Bildern herausgearbeitet. So werden das bildhafte Erleben und der Bewegungsdrang des Kindes aufgegriffen und zum Verständnis des jeweiligen Unterrichtsgegenstandes hingeführt. Unter dem Motto »Lernen durch Tun« wird so das Schreiben vor dem Lesen gelernt. Bilder, die die Schüler innerlich bewegen können, ermöglichen es, auch gefühlsmäßig in die mannigfaltigen Erscheinungen der Welt einzutauchen und sie allmählich von innen begrifflich zu konstituieren. Ein guter Unterricht fährt sich nicht in Einseitigkeiten fest, sondern atmet. Bloße Wissensvermittlung interessiert keinen jungen Menschen. Wenn der Unterricht aber künstlerisch-dramaturgisch gestaltet wird, indem im rhythmischen Wechsel Spannungen aufgebaut und wieder gelöst werden, wird Schule lebendig. Waldorfpädagogik versucht, lebendigen Unterricht künstlerisch durchzuführen und seine Voraussetzungen mit Bewusstsein zu durchleuchten. Dafür hat Rudolf Steiner mit seinen pädagogischen und menschenkundlichen Erkenntnissen wichtige Grundlagen erarbeitet, die inzwischen in vielerlei Hinsicht weiter entwickelt, diskutiert und den veränderten Verhältnissen angepasst wurden. Die von Rudolf Steiner entwickelte Anthroposophie ist eine Erkenntnishilfe für die Lehrer, zu keinem Zeitpunkt aber ist sie Gegenstand des Unterrichts. Eine Besonderheit an Waldorfschulen ist der Hauptunterricht in den ersten zwei Schulstunden am Morgen, in denen generell der Klassenlehrer (und ab Klasse 9 der Fachlehrer) den Unterricht in Epochen von mehreren Wochen pro Fach erteilt. Klassenlehrer geben in der 7. und 8. Klasse auch öfters Epochen an Oberstufenlehrer ab. Außer bei Fremdsprachen, Musik, Sport, Eurythmie, Werk-, Handarbeits- und Religionsunterricht gibt es Hauptunterrichtsepochen in allen Fächern. Im Hauptunterricht können große Klassen mit ca. 30 Schülern gut gemeinsam unterrichtet werden; im Fachunterricht werden die Klassen halbiert. Der Fremdsprachenunterricht beginnt schon in der ersten Klasse mit Englisch und Russisch oder Französisch. In der Mittel- und Oberstufe tragen der handwerkliche Unterricht, Handarbeit und Gartenbau, das Forst- und Landwirtschaftspraktikum und besonders unser einjähriges Betriebspraktikum in der 10. und 11. Klasse zur lebenspraktischen Orientierung bei.