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Kolleginnen, schauen immer wieder
auf die Handys. Doch alles bleibt
ruhig – keine Probleme.
Auch die Woche vergeht wie im
Flug. Auf dem Programm standen
Wandern, Grillen, Zugfahrten nach
Heilbronn und Stuttgart, Stadtführungen und Museumsbesuche.
Über die Experimenta in Heilbronn
waren sich alle einig: »C’était le
meilleur musée qu’on a jamais fait!«
»Das war das beste Museum, das wir
jemals besucht haben!«
Dass die Schüler auf den Ausflügen
ihre Mittagspause in (deutsch-französischen) Gruppen unter sich
verbringen dürfen, löst bei unseren
französischen Kolleginnen anfangs
eine leichte Unruhe aus. Da sie aber
erleben konnten, dass immer alle
Schüler wieder pünktlich am vereinbarten Treffpunkt erschienen, wurden
sie mit der Zeit etwas gelassener.
Sie bedauerten es sogar am Ende,
dass sie mit ihren Schülern solche
Dinge, ebenso wie das Benutzen
öffentlicher Verkehrsmittel, gar nicht
üben können, denn sie sahen schon,
welche Fähigkeiten dadurch geschult
wurden. Aber die Vorschriften und
die Sicherheitsbestimmungen an
französischen Schulen lassen so etwas
leider nicht zu – sie müssen jeden
möglichen Zwischenfall versuchen
auszuschließen. Wer hätte es also
gedacht: La liberté, c’est l’Allemagne!
Am Ende der Woche wussten die Franzosen: Die Deutschen wohnen meist
in sehr schönen, großen Häusern. Die
Straßenzüge sehen sehr gepflegt aus.
Sie sind ruhig und ordentlich, aber
auch großzügig und die Jugendlichen
haben viele Freiheiten. Der Abschied
fällt schwer, aber einige von ihnen
würden sich ja am nächsten Tag schon
wieder sehen!
Ein besorgter Schüler über seinen Corres (Austauschpartner): »Ich hab ihn immer gefragt, ob er etwas essen will,
aber er hat das ganze Wochenende kaum was gegessen.
Ich frage mich, wie man mit so wenig Essen überleben kann.«
Warum lohnt es sich,
auch wenn man gar kein
Französisch lernt, am
Austausch teilzunehmen?
Diese Frage stelle ich den Schülern
immer mal wieder zwischendurch.
Die Antworten: Weil man sich
selbst in einer fremden Umgebung
ganz anders kennen lernt. Weil
man seine Gewohnheiten loslassen
muss und sich an andere anpassen
muss. Weil man erlebt, wie sich das
anfühlt, sich anpassen zu müssen.
Weil es lustig ist. Weil man tolle
neue Leute kennen lernt. Weil man
auf Fremde ganz anders zugeht
und auch die ganz anders auf einen
zugehen und man aus seiner alten
Rolle, die man in der Klasse oder
der Familie hat, vorübergehend
aussteigen kann. Weil man sich im
Ausland/in der Fremde ganz anders
fühlt. Weil man lernt, wie andere
ticken. Weil einem klarer wird,
wie man selber tickt. Weil danach
das Wort Toleranz für einen eine
ganz andere Bedeutung hat. Weil
man mal merkt, wie anstrengend
das ist, den ganzen Tag eine fremde
Sprache um sich zu haben und
nichts (oder nicht viel) zu verstehen.
Weil man sich in nonverbaler Kommunikation übt. Und noch vieles
mehr!
Sein Corres zu seinen Kameraden:
»Er fragt mich immerzu, ob ich Hunger habe,
aber ich esse doch nicht alle halbe Stunde!«