Festschrift Jubiläum 25 Jahre | Page 24

24 Von der Schwäbischen Alb in die Ukraine Schulpartnerschaft Engstingen – Dnepropetrowsk Die Fahrt nach Dnepropetrowsk in die Ukraine hat mittlerweile fast Kultstatus bekommen. Längst fahren nicht mehr nur noch russisch lernende SchülerInnen und Schüler mit, so großen Reiz strahlt diese jährlich stattfindende Reise aus. Wie kam es dazu? Der Gründungsimpuls zu dieser Partnerschaft ging im Wesentlichen von unserer ehemaligen Russischlehrerin Frau Bäumer und dem damaligen Geschäftsführer Herrn Günther aus. Seit 16 Jahren besteht nun die Partnerschaft dieser beiden Waldorfschulen. Nachdem in den vier ersten Jahren unsere Schüler noch 2 Gymnasien in Dnepropetrowsk besuchten – die dortige Waldorfschule war noch nicht in die Oberstufe gewachsen –, besteht der Austausch mit der Waldorfschule seit 2003. Die erste Klasse, die dorthin fuhr, unsere Gründungsklasse, musste noch den Wagemut aufbringen, ins Unbekannte zu fahren. Außer ihren Lehrern kannte noch niemand die Ukraine. Wie auch, war der »Eiserne Vorhang« doch erst 9 Jahre zuvor gefallen und aus der ehemaligen Sowjetrepublik der junge Staat der Ukraine entstanden. Fehlende Gullydeckel auf den Straßen, große Löcher im Fußboden der Autobusse (»Marschrutka«), bescheidene materielle Verhältnisse fast überall begegneten unseren Schülern – neben viel anderem Unbekannten. All dies veränderte sich aber rasend schnell von Jahr zu Jahr – mit allen Vor- und Nachteilen. Die Waldorfschule in Dnepropetrowsk liegt unweit des Zentrums der Stadt Das Gebäude ist ein liebevoll umgebauter, ehemaliger Kindergarten aus Sowjetzeiten. Drumherum ein großer Garten mit hohen Bäumen, schönen Beeten aus dem Gartenbauunterricht, einem kleinen Basketballfeld. All das gebaut vor Jahrzehnten auf einem großen, ehemaligen jüdischen Friedhof – sofort weht einen die Geschichte an. Auch wenn man durch den benachbarten Park geht, wo links ein Mahnmal für den Überfall der deutschen Armee 1941, rechts ein jüdisches Friedhofdenkmal steht. Dnepropetrowsk war bis 1990 eine für Ausländer geschlossene Stadt. Hier wurden u.a. die in Friedensbewegungszeiten auch im Westen bekannten SS20-Raketen gebaut: Ein Zufall, dass die Engstinger Schule, wo einige der Gründungseltern an den Protesten der 80er Jahre gegen die Atomraketen auf der Haid – unweit von Engstingen – teilgenommen hatten, nun ihre Partnerschule ausgerechnet in der Stadt der SS20-Raketen fand? Der Schüleraustausch entwickelte sich von Jahr zu Jahr. Heute besucht uns die 9. Klasse aus Dnepropetrowsk im Juli, im Herbst fahren wir als 10. Klasse dorthin. Viel wurde diskutiert, ausprobiert, verändert, bis wir einen guten Rahmen für die jeweils zweiwöchigen Besuche fanden. Die künstlerische Arbeit ist immer mehr in den Vordergrund getreten, neben dem Sprachunterricht und Hospitationen im üblichen Unterricht der gastgebenden Schule. Die Musik wurde immer mehr zu einem verbindenden Merkmal, denn, wo die unterschiedlichen Sprachen Grenzen der Kommunikation aufzeigen, ist das gemeinsame Tun umso wichtiger. An unserer Partnerschule wird viel getanzt – gerne nahmen wir diesen Impuls auf und bringen seit einigen Jahren immer zwei internationale Tänze »aus dem Westen« mit in die Ukraine. Fast legendär sind die Zugfahrten 2 Tage und 2 Nächte über Berlin, Warschau und Kiew oder München, Budapest und Kiew. Intensives Sozialleben untereinander, gemeinsames Stehen am Fenster und stunden-