Das Wirtz Luftschiff Das Wirtz Luftschiff | Page 48

48 von 49 Schon sehen wir den Ankermast und rings um ihn, wie in runder Arena, hundert Menschen in Khaki warten. In römischen Ziffern hat man groß die Bodentemperatur aus- gelegt: XXXII Grad Hitze. Das heißt: ´Seid wachsam! Berechnet den Abstieg richtig! Kalkuliert den Aufwind des Bodens ein!´ Aber noch landen wir keineswegs. In langer, silber-gedrehter Wendung fährt `Zeppelin´ noch einmal auf´s Meer und salutiert mit den deutschen Farben der Stadt, in die er herabgehen will. Von Kirchtürmen, Hochhäusern, Dachgärten winkt es, aus Hütten und überschwemmten Feldern… Die Landung wird zur Luftprozession. Der Flug, mit verlangsamten Motoren, wird zur majestätischen Schleppe: Hinter sich sammelt sie die Bewunderung der Straßenschluchten, der Nachmittagskorsos. Die Motoren schweigen, das Luftschiff ruht. In einer Höhe von hundert Metern ruht es wie auf einem Postament. In unbewegter Sicherheit… Es wird gewogen; in der Luft wird mathematisch nachgemessen, wie sich Gas und Ballast verhalten… Wir sinken! Der Khakikreis wird lebendig. Sind das nicht Schwarze? Den Kopf im Nacken, rennt eine Rotte übers Feld, nähert sich, wird zurückgewarnt. Zwei Seilharpunen schießen nieder und prallen auf die Wiese auf. Man erkennt die Gesichter, die blankgeschwitzten, die lachenden Augen, die Zahnreihen der brasilianischen Soldaten. Vierzig…dreißig…noch zwanzig Meter! Eine neue Seiltrosse wird geworfen, mit Hölzernen Knebeln, sie werden gepackt! Am Heck entlädt sich ein Staubach von Wasser, vorne wirft sich alles ins Seil. Noch schwebt das Luftschiff, doch es wird schon gezogen. Zurufe: „Sorta!“ und „Larga!“ ertönen. Wir sind nur drei Meter über dem Boden. Eine Front von Mulatten und Weißen, von schönen Indios in Uniformen, kommt steuerbord, eine andere backbord. Ein kräftiger Schwarzer erklettert im Sprung die Schultern seines Nebenmannes und hängt, laut rufend sein Gewicht an den landenden ´Zeppelin´. Noch einmal will das Schiff auf die Seite – da entern es viele, da halten sie es, da drücken sie es gegen den Boden und schieben den Riesen zum Ankermast: Gulliver im Lande der Zwerge. Die Leiter!... Die Einwanderungskommission hat die große Speisekabine erobert; sie sitzt auf den Stühlen, sie schreibt am Tisch, läßt Pässe vorzeigen und Stempel krachen. Von draußen sieht die Wiese herein, mit breiten, weiten Tropenhüten. Braune Frauen, die Kinder im Arm… Wir wischen uns die schweißnasse Stirn. Ja ist denn das alles Wirklichkeit? Wir waren am Sonntag in Friedrichshafen, noch schmecken unsere Augen den Schnee. In der Nacht zum Montag fuhren wir ab, - wir können doch nicht am Mittwoch Nachmittag, achtundsechzig Stunden später, plötzlich in Brasilien sein? Aber wir sind es – und wundern uns sehr. Und da wir jetzt herausklettern dürfen und diese Hochsommerwiese streicheln, klettert Eckener als erster heraus. (…) Ach, wie die Wiese duftet. – Bom dia!(GutenTag) Eckeners Reise mit der Graf Zeppelin 1929 um die Welt …lesen Sie auch das Buch „Die Nase voll..Technik überwindet Armut“ [email protected] [email protected]