Contemporânea Contemporânea #7 | Page 27

CUBA

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Kuba - Eindrücke aus einem Land im Wartezustand

Sieglinde Jornitz

Kommt man aus Europa, bereist man Kuba aus zwei Gründen: entweder um an karibischen Stränden zu baden und zu tauchen oder um die letzte Möglichkeit zu ergreifen und ein sozialistisches Land zu bereisen, bevor es seine Struktur ändert und zu einem Land wie alle anderen wird. Dem Touristen tritt daher Kuba in erster Linie sowohl als interessante Reiseregion mit allem Komfort der Industrienationen inkl. Hotel-Ressorts und Wellness-Angeboten entgegen, als auch als politisch alternatives Gesellschaftsmodell.

Seit Raúl Castro die Regierungsgeschäfte seines Bruders Fidel 2008 endgültig übernahm und ankündigte, diese nach Ablauf seiner Amtsperiode 2018 zu übergeben, ist unklar, was mit dem Land geschieht, wenn die Ära Castro beendet ist. In dieser Übergangszeit bereisten wir im Sommer 2016, also ein paar Monate nach Fidel Castros 90. Geburtstag und ein paar Monate vor seinem Tod am 25. November 2016, die Insel für 3 Wochen. Was wir sahen, war ein schönes Land in kräftigen Farben: das saftige Grün der Vegetation, die in Teilen rote Erde und der weiße Strand unter blauem Himmel. Wir bereisten es von Havanna, über Vinales im Westen bis nach Santiago de Cuba im Osten.

Welchen Eindruck gewannen wir von einem Land, das sich in einem Übergang befindet? Beeindruckt waren wir vor allem über die Organisation des Landes, wie sie sich auch zuletzt wieder beim Hurrikan Matthew im Oktober 2016 zeigte. Kuba tritt dem Touristen, der auf eigene Faust, ohne Reisegruppe die Insel erkundet, vor allem in 3 Aspekten entgegen.

Neben den Busverbindungen quer über das Land sind es vor allem die Taxi collectivos. Sie verkörpern nicht nur den Charme einer untergegangenen Epoche, in der die großen US-Amerikanischen Strassenkreuzer das Bild prägen, sondern sie bieten die Möglichkeit, individuell und in kleinen, spontan sich findenden Gruppen von einer Stadt in die nächste zu gelangen. Dabei ist es für den europäischen Touristen zunächst ungewohnt, auf der Straße sich für den nächsten Tag zu verabreden, einen Preis für die Fahrt auszumachen, aber keine schriftliche Bestätigung der Reservierung zu erhalten. Hier gilt allein das Wort. Erst nach und nach wird klar, dass nicht nur der Tourist für seine Verabredung nichts in der Hand hat, sondern auch die Kubaner. Die Vertragspartner teilen so die Unsicherheit und müssen sich auf das gegebene Wort verlassen. Dies funktioniert so gut, dass man erkennt, dass die gute Organisation hier auch mit der Verlässlichkeit von Verabredungen zu tun hat.

So funktioniert auch das unsichtbare Netz an casas particulares. Ist man in Havanna in einer solchen Casa untergekommen, so wird einem die nächste Amiga in der nächsten Stadt empfohlen und dort das Zimmer reserviert. Es ist die kubanische Art der Zusammenarbeit, die über ein Netzwerk verfügt, das für die Touristen unsichtbar ist, auf das sie sich aber verlassen können. Auch ohne eine verbindliche Buchungsbestätigung. Dabei ist es oft genug der Fall, dass sowohl Taxifahrer als auch

1. Kuba ist gut organsiert - trotz Mangel.