Klassiker
Die
Regisseur Franklin J. Schaffner verdankt die
Filmwelt Klassiker wie „Patton“, „Papillon“
und „Planet der Affen“ von 1968. In Letzterem wirkte bekanntermaßen Charlton Heston als Astronaut Taylor mit, der in einer
seiner denkwürdigsten Szenen die Menschheit vor den Resten der Freiheitsstatue verflucht. Bereits vier Jahre zuvor gelang dem
Gespann Schaffner/Heston mit „Die Normannen kommen“ ein weiteres Glanzstück,
welches nun auch endlich auf Blu-ray in den
deutschen Handel kommt.
NORMANNEN
kommen
Erstaunlich authentisch wird hier auch das
Leben im Mittelalter in herrlichen Bildern auf
die Leinwand gebracht. Intrigen, Machtspiele, Liebe, Verrat und großartige Schlachten.
Vom Grundprinzip her ist die Handlung zwar
nicht so verzwickt und weist auch nicht so
viele Wendungen und Charaktere auf wie
„Game of Thrones“, darf aber ruhigen Gewissens als so etwas wie die Urgroßmutter der
HBO-Serie, respektive der literarischen Vorlage, betrachtet werden. Es gibt den großmüti-
Story
Nach einer gewonnenen Schlacht gegen die
Friesen ist der normannische Ritter Chrysagon (C. Heston) der neue Lehnsherr über ein
Druidendorf in Flandern. Der gütige und ehrbare Herrscher zieht jedoch den Unmut der
Bevölkerung auf sich, als er den Einflüsterungen seines hinterhältigen Bruders Draco (G.
Stockwell) folgt und sein Recht auf die „primae noctis“ bei der Frau des zukünftigen
Stammesfürsten einfordert. Voller Wut wendet sich das Volk gegen Chrysagon und verbündet sich mit den zurückgeschlagenen
Friesen.
gen Helden, der mit Charlton Heston vortrefflich besetzt ist. In seiner Autobiografie
schrieb Heston, die Rolle in diesem Film gehöre zu seinen Favoriten. Kein Wunder –
birgt die Rolle doch alle Attribute eines tragi-
schen Helden. Als ehrbarer Ritter steht er für
Ehre und Gottestreue ein. Seine Liebe zu der
Frau, die nicht nur nicht seinem Stand entspricht, sondern darüber hinaus auch noch
einem anderen versprochen ist, stellt er hintan und würde nie von alleine auf die Idee
kommen, die holde Maid zu freien.
Sein hinterlistiger Bruder Draco, ebenso
großartig von Guy Stockwell – später renommierter Schauspiellehrer und Gründer des
Los Angeles Art Theater – dargestellt, ist ein
Antagonist wie er im Buche steht. Intrigant
und verschlagen verfolgt er seine Ziele, wobei er ganz auf die Macht seiner Worte vertraut. Seine Verschlagenheit, die einzig zum
Ziel hat, seinem Bruder die Macht und die
Lehnherrschaft abtrünnig zu machen, ist absolut großes Kino. Die holde Maid, auch
wenn sie letztendlich nicht ganz so hold ist,
wie hier geschrieben steht – schließlich ist
auch sie von der Liebe zu dem Lehnsherren
erfüllt und lehnt sich mehr oder minder gegen ihr Volk und den angetrauten Ehemann
auf – wird von Rosemary Forsyth dargestellt.
Vor ihrer Schauspielkarriere arbeitete sie lange Zeit als Model und wurde ein Jahr nach
„Die Normannen kommen“ als „Beste Nachwuchsdarstellerin“ für den Golden Globe nominiert. Zwar hätte Charlton Heston lieber
die damals bereits populäre Julie Christie als
weibliche Hauptdarstellerin gesehen, doch
das Studio beharrte auf Forsyth.
Franklin J. Schaffner inszenierte mit „Die
Normannen kommen“ ein fantastisches und
bildgewaltiges Gemälde des 11. Jahrhunderts. Besonders auffällig ist hier, dass fernab von dem damals vorherrschenden Hollywood-Glanz viel Wert auf Authentizität gelegt wurde. Das spiegelt sich nicht nur in der
Handlung, sondern insbesondere auch in
den großartigen Kostümen wieder. Die Kleidung, die Rüstungen, ja selbst die Frisuren,
wurden originalen Überlieferungen, wie beispielsweise dem Teppich von Bayeux, nachempfunden.
104 www.bluray-disc.de
Blu
e · 03/2014