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dürfen Sie vermutlich nicht offenlegen, aber können Sie dennoch kurz erläutern, welche Kostenpunkte auf ein Label zukommen? ver oder die Boni, Tonspuren etc., beteiligt. Hat KAZÉ für solche Anliegen ein offenes Ohr? Das sprengt den Umfang dieses Interviews. Christoph Lamprecht von Nipponart und mein Kollege Dirk Remmecke haben im Februar 2011 mit Otakutimes einen langen Podcast über die Lizenzierung von Animes gemacht: HIER KLICKEN! Natürlich. Aber wie vorhin bereits gesagt haben wir mitunter keinen Zugriff auf das Material, das wir gerne nutzen würden. Es gibt häufig Bonusmaterial, das exklusiv für den japanischen Markt gefertigt wurde und das (aus lizenzrechtlichen Gründen) gar nicht an ausländische Lizenznehmer weitergegeben werden kann. Alle dort genannten Fakten und Zahlen sind immer noch aktuell. Worauf achtet KAZÉ Anime besonders, wenn es um das Lizenzieren von Serien und Filmen geht? Tolle Filme und Serien. Das Anime-Genre hat in den letzten Jahren einen ähnlichen Wandel durchgemacht wie die US-TV-Serie. Eigentlich war der Anime den US-Serien sogar einige Jahre voraus: Komplexe Stoffe, eine gewisse Ruppigkeit, mit der Plots vorangetrieben werden, und eine Erzählweise, die den Zuschauer nicht unterfordert. Animes bieten alles, was wir im TV oder dem Kino auch sehen – von „Twilight“ bis „The Wire“, von „Akte X“ bis „Doctor Who“. Studio Ghibli hat beispielsweise ökologische Themen, wie in „Prinzessin Mononoke“, schon 30 Jahre vor „Avatar“ behandelt und auch inhaltlich differenzierter beobachtet als James Cameron. Man kann wahrscheinlich für jedes US-Format ein entsprechendes Gegenstück im Anime-Sektor finden: Sozialkritische Thriller-SciFi im Stil von Philip K. Dicks „Minority Report“ oder „Blade Runner“ finden wir in „Psycho-Pass“. Und „Paranoia Agent“ ist die Anime-Antwort auf „Twin Peaks“ (was durch „The Entire Mystery Edition“ und die Ankündigung der dritten Staffel wieder in aller Munde ist). Im modernen TV haben Serien wie „The Walking Dead“, „Lost“ oder auch „Breaking Bad“ gezeigt, dass man den Zuschauer ruhig ein wenig fordern darf. Viele Animes haben erhebliche Plot-Wendungen, die Charaktere erleben Veränderungen und Weiterentwicklungen – und sterben abrupt. Für Anime-Fans ist die Radikalität von „Game of Thrones“ nichts Besonderes gewesen. Nach diesen Inhalten halten wir Ausschau. Viele Fans wären gerne bei der Veröffentlichung und Gestaltung ihres Lieblingsfilms oder ihrer favorisierten Serie, sei es das Co- Blulife · 04/2014 Und es kommt auch vor, dass uns die Covergestaltung vom Lizenzgeber vorgegeben wird. In den letzten Jahren sah sich KAZÉ auch Kritik über fehlende Original-Tonspuren ausgesetzt. Wie begegnen sie dieser Kritik? Die Original-Tonspuren fehlen bei Titeln, die aus TV-Ausstrahlungen bekannt sind, bei denen wir selbst eine vorhandene Synchronisation übernomm en haben. In diesen Fällen haben wir entweder nicht die Rechte an dem Originalton, oder die Serie wurde von dem TV-Sender vor der Synchronisation gekürzt (um dem Jugendschutz Genüge zu tun), was das nachträgliche Wiederzusammenführen mit dem O-Ton sehr schwierig macht. Wir hätten dann nur die Wahl, alle Inhalte doppelt in eine Box zu packen, was die Anzahl der Scheiben verdoppelt (oder die Anzahl der Episoden pro Box halbiert). Damit würde eine Serie im Geschäft auch doppelt so teuer sein, was den Fans nicht zuzumuten ist. Man darf dabei auch Folgendes nicht vergessen: Gerade diese Nostalgie-Titel haben viele Fans in der deutschen Fassung kennen und lieben gelernt! Das Label KAZÉ gibt es nun seit einigen Jahren. Wenn Sie einmal zurückblicken, was ist Ihnen aus den letzten Jahren am besten in Erinnerung geblieben? Die bunte und lebendige Convention-Szene! Mit welcher Hingabe und Geduld Cosplayer die aufwändigen Kostüme ihrer Lieblingsfiguren schneidern und stolz in der Öffentlichkeit präsentieren – das ist einzigartig und geht weit über das hinaus, was man zum Beispiel aus dem Star-Trek-Fandom kennt. In Deutschland gibt es seit dem letzten Jahr den Streaming-Dienst UltraViolet, für den die Majors den Blu-ray- und DVD-Veröffentlichungen Codes beilegen, um die Filme und Serien auch von unterwegs schauen zu können. Wäre es für KAZÉ nicht auch vorstell- bar, die Blu-rays und DVDs in Zukunft ebenfalls mit einem Code auszustatten, um die Titel über UltraViolet oder den hauseigenen Anime-on-Demand-Service kostenlos streamen zu können? Zu Anfang sahen wir im Projekt UltraViolet gute Perspektiven, den digitalen mit dem physischen Markt zu verbinden. Da davon auszugehen ist, dass die physischen Datenträger DVD und Blu-ray sowie die Onlineformate im angehenden Online-Zeitalter noch viele Jahre parallel existieren, werden sicher viele Nutzer gern den Besitz und die Nutzung von DVDs und Blu-rays sowie die Online-Nutzung des Contents kombinieren. Leider ist die Umsetzung des UltraViolet-Standards unserer Auffassung nach zu wenig kundenfreundlich. Die Beteiligung am UltraViolet-Projekt ist für uns als Anime-Marktführer deshalb keine Option. In Kürze werden wir eine speziell für den Anime-Markt geeignete Lösung präsentieren, mit der wir unsere Kunden den gleichen Content in verschiedenen Medienformaten verfügbar machen. Die Blu-ray Disc hat nun schon einige Jahre auf dem Buckel und KAZÉ kann bereits zahlreiche Highlights verzeichnen, die auf dem HD-Medium auf den Markt gebracht wurden. Was ist der bisher erfolgreichste Titel auf Blu-ray Disc? Können Sie uns eventuell sogar mit genauen Verkaufszahlen versorgen? Unsere bislang erfolgreichsten Blu-ray-Releases mit guten fünfstelligen Verkaufszahlen sind die auf zahlreichen internationalen Festivals ausgezeichneten Anime-Spielfilme „Ame & Yuki“ und „Summer Wars“ sowie die Spielfilme der TV-Abenteuerserie „One Piece“, die auch als Manga mit 345 Mio. verkauften Büchern weltweit zu den erfolgreichsten Reihen des Genres zählt. Für eine abschließende Bewertung ist es noch zu früh, aber die Serien-Neustarts dieses Sommers („Space Dandy“,“ Highschool DxD“ und „Devil Survivor2“) haben sich in einem Teilsegment des Marktes in der Bluray-Fassung besser verkauft als die DVD-Ausgabe. Dies ist aber auch dem besonderen Messepublikum geschuldet, das zumeist männlich und technikaffin ist. Im breiten Markt relativiert sich das dann im Lauf der Zeit wieder. Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft. Vielen Dank für das Interview! (mw) 113