Blulife 01-2014 01-2014 | Page 74

Film HELGE SCHNEIDER IM WENDEKREIS DER EIDECHSE Knapp zehn Jahre ist es her, als die singende Herrentorte mit „Jazzclub – Der frühe Vogel fängt den Wurm“ zuletzt seine Fans auf der Großen Leinwand erfreute, während alle anderen die Hände über dem Kopf zusammenschlugen. Die Rede ist von niemand anderem als dem umstrittenen Multitalent Helge Schneider. Im Jahr 1994 ließ er seine Kunstfigur Kommissar 00 Schneider erstmals in einem eigenen Kinofilm auf die Menschheit los, nachdem der Kommissar bereits in dem Vorgängerfilm „Texas – Doc Snyder hält die Welt in Atem“ in einer kleinen Nebenrolle zu sehen war. Und nun, nach zwanzig Jahren, kehrt der Kommissar zurück, um sich abermals einem fiesen Verbrecher entgegenzustellen. Finanziert mit Mitteln aus der Film- und Medienstiftung NRW wurde der Film in Schneiders Heimatstadt Mühlheim an der Ruhr und in Spanien gedreht – was allerdings ebenfalls als Mühlheim ausgegeben wird. fall der hinterhältige Jean-Claude Pillemann (R. Schamoni) steckt. Ein entflohener Schwerverbrecher, der den Namen „Die Eidechse“ trägt und seine Opfer mit einer ätzenden Flüssigkeit bespuckt. Zu allem Überfluss hat sich auch noch Schneiders Tante aus Amerika (T. Glenn Jr.) bei ihm einquartiert, obwohl der Kommissar gar nicht wusste, dass er überhaupt eine Tante in Amerika hat. Anfangs präsentiert das Ausnahmetalent Schneider seinem Publikum noch Bilder, die nicht typisch für ihn sind. Langsame Schnitte, Nahaufnahmen und zahlreiche Anspielungen auf Genreklassiker des Kriminalfilms. Lediglich die typische Musik erinnert daran, wessen Geistes Kind hier läuft. Schon bald sieht man in Schattenspielen, wie der Kommissar auf dem Klosett hockt, und alle Hoffnungen einen anständigen Film zu schauen sind da- hin. Klar, wer hier etwas Anständiges erwartet, dem ist eh nicht mehr zu helfen. Helge ist Helge, und daran gibt es nichts zu rütteln. Der Name Schneider steht für Nonsens auf allerhöchstem – oder niedrigstem – Niveau. Und so kann es auch kaum verwundern, dass dieser Film die Lager spalten wird, wie auch schon die vorherigen Werke des Mühlheimers. Der Kommissar hat eine ganze Handvoll Fälle zu lösen, wobei er auch gerne einen Ausflug zu den Klippen macht und das Meer betrachtet. Kein Problem, immerhin liegt Mülheim am Meer. Wussten Sie das etwa nicht? Dabei nimmt Schneider sich zahlreiche Genreklassiker vor und parodiert sie gleichermaßen, wie er sich vor ihnen verneigt. Haufenweise Zitate, Kameraeinstellungen und Schwenks erinnern an die großen Klassiker Story Eigentlich will der Kommissar Roy Schneider (H.Schneider) sich ja zur Ruhe setzen und seine Memoiren schreiben, aber in seinem Revier ist einfach viel zu viel los. Gerade eben noch hat er ein Sexferkel, das gerne Frauen an den Popo fasst, als „leichtes Mädchen“ getarnt dingfest gemacht, da wird auch schon eine Zigarettenschachtel geklaut! Geht gar nicht, immerhin ist der Diebstahl von Zigaretten eines der verruchtesten und verdammenswertesten Delikte der Welt. Schneider ahnt nicht, dass hinter dem Über- 74 www.bluray-disc.de Blu e · 01/2014