Blulife 01-2014 01-2014 | Page 178
Kolumne
High Definition
High Heels
Aus Holly mach Görliwood
Es hat sich etabliert, das kleine Städtchen
am östlichsten Zipfel von Deutschland als
Filmmetropole der ganz großen Filmemacher. Im Jahre 1954 startete die Karriere als
Filmstadt, nur dachte ja damals in den kommunistischen Zeiten niemand daran, dass irgendwann mal die Stars hautnah am Nachbartisch seines Lieblingsrestaurants sitzen
und zeitgleich mit dir um die Wette kauen
und sich am gemütlichen, mittelalterlichen
Flair der Altstadt ergötzen. Mit „In 80 Tagen
um die Welt“ sollte der Durchbruch neben
Budapest Hotel“ zu filmen begann. Auf einmal saßen Owen Wilson und Ralph Fiennes
auf dem Untermarkt im Café oder im Restaurant, Jeff Goldblum traf sich mit Boxlegende Vitali Klitschko, Bill Murray, der im
Senfladen zwei Bratwürste bestellt und über
den scharfen Senf nur gutes zu verlauten
hatte. Das nenne ich Kleinstadtdrehniveau
und niemand muss sich verstecken.
chen über Umleitungen verloren oder entstandene Staus.
Jeder hoffte natürlich in der Stadt, bald den
Film im Kino sehen zu können. Als es dann
endlich hieß, dass in Görlitz der Film erstmals in Deutsch aufgeführt wird, wollte natürlich jeder eine Karte erhaschen. Wir, meine Kollegen und ich, durften dabei sein und
wie es sich so gehört, war die Twentieth
Century Fox vertreten, die Politiker der
Stadt Görlitz sowie etliche regionale Sender
mit ihren großen Kameras.
Nach einer Ansprache ging der Film los und
Anderson-like war er auf einer Seite wirklich
lustig, aber auch gleichzeitig makaber, aber
© 2013 Fox Searchlight
© 2013 Fox Searchlight
den kleinen Produktionen über die vergangenen Jahre erfolgen als Jackie Chan mit Anhang nach Görlitz reiste und sich aus dem
Fenster schwang.
2008 betrat Kate Winslet zu „Der Vorleser“
die 60.000 Einwohner starke Stadt und
drehte einige Woche an vielen Ecken. Die
Drehplätze wurden zwar abgesperrt, doch
viele nutzten die Gunst der Stunde ihr ausfahrbares Objektiv bis zum Maximum zu
strapazieren, um ein Bild ‚in action‘ zu ergattern.
Man mag es nicht glauben, aber sogar
Quentin Tarrantino kam in unsere wundervolle Stadt, um Teile des Kriegsfilm „Inglorious Basterds“ zu drehen. In Hollywood
wird bereits über uns geredet und als der
Geheimtipp unter den Regisseuren gestreut,
so dass die Stadt, bzw. Babelsberg immer
mehr Anfragen für eine Dreherlaubnis bekamen. Mituntern wurde in der Zwischenzeit
auch Teile von „Goethe!“, „Lore“ und „Die
Vermessung der Welt“ in Görlitz gedreht.
Im Jahre 2012 war es dann endlich soweit
als Wes Andersen seinen Film „The Grand
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Eine kleine Anekdote zum Dreh habe ich
auch: Als ich zu meinem Stellplatz lief, der
direkt am „Grand Budapest Hotel“ oder wie
wir Görlitzer sagen „Centrum Warenhaus“
ist, sah ich eine Traube Leute und etliches
Security Personal vor den Toren stehen –
wartend. Aber auf was? Ich hatte auch einmal Blickkontakt zu einem Soldaten (später
im Film bemerkte ich, dass es ein Polizist
war), der mir irgendwie bekannt vorkam. Allerdings hatte er einen Schnauzer - als ich so
am überlegen und vorbeigehen war, fiel es
mir wie Schuppen von den Augen und ich
bemerkte, dass es Edward Norton war. Uns
trennten nur zwei Meter – zwei Meter –
nicht zu viel, um schnell hinzurennen und
ein „Hello“ zu hauchen, aber bis ich geschnallt hatte, dass das NUR der Mann von
„Fight Club“, „Zwielicht“, „American History
X“, „Das Bourne Vermächtnis“ und „Der unglaubliche Hulk“ war, war ich beruhigt. So
berühmt war er ja auch wieder
nicht…schluchzzzz.
Die Stadt stand Kopf, denn Anderson fand
immer wieder neue Drehorte, an denen er
seinen Film fortsetzen wollte. Es standen
viele Taxis in der Stadt, die zum Film gehörten, Straßen wurden gesperrt und niemand
hat auch nur ein klitzekleines böses Wört-
© 2013 Fox Searchlight
nimmt sich zu keinem Zeitpunkt wirklich
ernst. Das Wichtigste für uns Görlitzer war
allerdings, wie viel mal von unserer Stadt in
diesem Streifen zu sehen bekam. Und man
bekam die komplette Breitseite von Görlitz
zu sehen – wir waren stolz. Der Film war
dann auch ein wenig unwichtig, ständig ratterte es im Kopf, ob man den Ort kannte
oder nicht und freute sich zudem, wenn es
glasklar war.
Wir danken der Twentieth Century Fox für
die Einladung und haben den Abend genossen. Wir hoffen natürlic h auch, dass noch
weitere große Produktionen in die Filmstadt
finden und unseren Alltag versüßen.
By the way und in der stillen Hoffnung, dass
es einer der Regisseure liest – für George
Clooney würde ich sogar Urlaub nehmen.
Ihre Heike
Blu
e · 01/2014