ASO! Augsburg Süd-Ost September 2016 | Page 14

14 A S O ! September 2016 Ein Haus mit kurioser Adresse führt uns tief in die Hochzoller Geschichte Eine überraschende Anschrift Grenze zwischen den Bezirken Schwaben und Oberbayern. Das nebenstehende Foto zeigt ein Haus in Hochzoll j. Die Bewohner des Doppelhauses sind also Augsburger Bürger. Doch, wenn Sie einem von ihnen eine Post schicken wollen, müssen Sie diese Adresse angeben: Maria-Alber-Straße 22(a), 86316 Friedberg. Ihre Sendung kommt dann über Friedberg in das Hochzoller Haus. Ein Kuriosum! Wie kam es dazu? Unser Haus liegt etwas abseits von der Hochzoller Grüntenstraße an der MariaAlber-Straße. Diese Straßenbezeichnung gibt es aber in Augsburg nicht. Alle Häuser dieser Straße gehören – mit dieser einzigen Ausnahme – zu Friedberg (West). Kein Hochzoller Haus liegt so weit östlich. Eine Ecke im Norden des Doppelhauses gehört sogar schon zu Friedberg. Das sieht man auch auf einem Luftbild des Augsburger Geodatenamtes l. Die Grenze geht durch ein Zimmer. Ein auffälliger Grenzverlauf Sieht man sich auf diesem Bild den Grenzverlauf an, erkennt man eine weitere Merkwürdigkeit. Die Grenzlinie, die etwa vom Schwabhof an exakt der Ostseite der Meringer Straße folgt m, macht an deren Ende einen Knick auf Friedberg zu bis zu einem Grenzstein n, knickt dort abermals rechtwinklig ab und verläuft dann wieder ohne Abweichung nach Norden auf Lechhausen zu. Man bekommt den Eindruck, als hätte man aus dem Friedberger Gebiet jenes Rechteck herausgeschnitten, in dem heute unser Doppelhaus liegt. Wie kam es zur Amputation dieses „Friedberger Vierecks“? Als die Friedberger Au, das spätere Hochzoll, sich 1818 von Friedberg lösen und eine eigene „Ruralgemeinde“ gründen konnte, wäre eigentlich eine eindeutige Grenzfestlegung zwischen den beiden Kommunen auf der Tagesordnung gestanden. Sollte man meinen. Aber das schien zunächst nicht notwendig, weil zwischen den Gemeinden viel unbesiedeltes Land lag. Zwischen „Unter dem Berg“ und der Meringer Straße lag nur Weideland, um das man sich offenbar nicht stritt. Die Kapelle Maria Alber mit ih- k u rem Eremitenhaus und ein großer Hof im Bereich der heutigen Josef-WassermannStraße wurden unstrittig zu Friedberg gezählt, die Häuser auf der Westseite der Meringerstraße zur Kolonie Friedberger Au, dem späteren Hochzoll. Die Ostseite der „Chaussee Augsburg München“ – heute Meringer Straße – war noch unbebaut. Als dort in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einige Anwesen entstanden, z.B. das mit der heutigen Hausnummer 19 direkt nördlich der Bahn (später Luise Groß), meldete Friedberg seine Ansprüche auf den Bodenzins an. Und nun begann der jahrelange Nachbarschaftsstreit um die Grenze, der auch „gerichtsmassig“ ausgetragen wurde. 1886 wurde sie dann festgelegt und 1894 vom Königlich-Bayerischen Ministerium des Innern so bestätigt, wie sie noch heute gilt: Grenze ist die Ostseite der Meringer Straße k. Seit ewigen Zeiten war an dieser Straße das Ende des Landgerichts Friedberg, was einem heutigen Landkreis entsprechen würde, gewesen, das Land jenseits davon im wesentlichen bis zum Lech kurbayerisches Land. Das war nun das Gebiet der jungen Gemeinde Friedberger Au, die sich ab 1903 Hochzoll nannte. Der erste Hochzoller Lehrer Schwenk schreibt in seinen Erinnerungen, dass ihm die Aufgabe die Grenzziehung kartographisch zu bearbeiten sehr viel Arbeit machte. Die Gemeindegrenze an der Meringer Straße war dann von 1913, als sich das bis dahin oberbayerische Hochzoll ins schwäbische Augsburg eingemeinden ließ, bis 1944, als Friedberg zu Schwaben kam, auch die Unser problematisches Grundstück liegt in der Verlängerung der Meringer Staße. Diese Linie durchschneidet es, wobei der größere Anteil westlich von ihr liegt, so dass es zu Hochzoll geschlagen wurde. Das wiederum brachte das besagte Viereck hervor. Vielleicht spielten auch historische Gründe eine Rolle, denn das Anwesen gehörte früher zum Hohen Zoll, der alten Mautstation. Und dieser ganze Komplex kam nun zur Friedberger Au, dem späteren Hochzoll. Das Haus an der Grenze: ein hoheitliches Gebäude Sucht man nach früheren Besitzern des Grundes, stößt man, wie so oft in Hochzoll, auf einen Rieser. Das Anwesen mit der damaligen Nummer 3, später Friedberger Straße 181, war zu dieser Zeit im Besitz von Kaspar Hiesinger o. Sein Vater hatte im Jahr 1875 seinen Hof in Ehingen bei Wallerstein verkauft und war nach Buttenwiesen gezogen. Der Sohn erwarb im Jahr 1894 dieses Anwesen in der Friedberger Au. Es zählte zu den ältesten und stammte noch aus der Zeit vor der Kolonisation von 1803. Zusammen mit dem sog. Hochzollschloss dürfte es nach dem Dreißigjährigen Krieg, wo dessen Vorgängerbau in Flammen aufgegangen war, erbaut worden sein. Auf den drei uns bekannten Darstellungen des Hohen Zolls ist das Haus als kleines Nebengebäude etwas südlich und östlich des Hauptgebäudes zu erkennen p. Es war das Haus des Mautschreibers und wie das Schloss im Besitz des bayerischen Staates. Der Mautschreiber hatte die Maut für die Straßenbenutzung einzutreiben. Zeitweise wurde sie in einer Büchse gesammelt, zweimal im Jahr nach Friedberg geschafft, dort auf dem Rathaus geöffnet und die Einnahmen gezählt. 1806 hatte das Mautschreiberhaus ebenso wie das Hochzollgebäude durch die Vergrößerung Bayerns seine staatliche Funktion eingebüßt. Während dieses bis zu seinem Abbruch 1835 als Caféhaus