Sonntagsblatt 5/2014

S onntagsblatt Nr. 5/2014 Gegründet von Dr. Jakob Bleyer im Jahre 1921 Informationen, Meinungen MOTTO – „Niemand schafft größeres Unrecht als der, der es in Form des Rechts begeht.” Platon (427—347 v. d. Zr.), griechischer Philosoph.) Meist in der Defensive LdU-Vorsitzender zieht Bilanz der vergangenen Legislaturperiode Von Richard Guth In der Budapester Juliagasse, dem Sitz der Landesselbstver - waltung der Ungarndeutschen (LdU), empfängt mich ein Vor - sitzender, dem man vor einigen Monaten das Amt des Für - sprechers oder gar eines vollwärtigen parlamentarischen Vertre - ters der deutschen Volksgruppe angedacht hat. Es war sicherlich eine der überraschendsten Personalangelegenheiten der letzten Jahre, als Otto Heinek, der die „Deutsche Liste” anführte, in die- ser Position zurücktrat. Diese Entscheidung wurde auch in der Vollversammlung der LdU April 2014 heftig diskutiert. Mit einer Mehrheitsentscheidung der Vollversammlung wurde der Vorsit - zende des Finanzausschusses der LdU, Emmerich Ritter aus Wudersch, Fürsprecher. Nun sind Monate vergangen und Otto Heinek zieht aus seiner Sicht eine positive Bilanz: Die Beziehung zwischen ihm und Emmerich Ritter wäre harmonisch, der Für - sprecher hätte in der kurzen Zeit schon einige Gesetzesän - derungen auf den Weg gebracht. Heinek erhofft sich eine aktive Kontroll- und Lobbyrolle vom Amt des Fürsprechers, etwas, was ihm, wie er sagt, in den vergangenen vier Jahren aufgrund der oft „sehr rapiden und nicht immer durchdachten Veränderungen” teilweise verwehrt blieb. Oft ging es da - rum, zu retten, was zu retten ist. Dabei hätte man manches erreichen können, man ches auch nicht. So vermisst Heinek den Hinweis auf den Schutz der Minder heitensprachen in der neuen Verfassung. Die größten Ver ände rungen seien im Bildungswesen vonstatten gegangen: Inmitten „schwers- ter Kämpfe” sei es gelungen, in Schul - ter schluss mit den Kommunen, die kom- munale Trägerschaft der Kindergärten zu sichern. Dies sei im Falle der Schulen aber nicht gelungen, so der Vorsitzende. Bei den Grundschulen und weiterfüh- renden Schulen hätte man die Finan - zierung, die lange Zeit ungesichert zu sein schien, auf ein festes Fundament le - gen können, die Mehrheit der Schulen Jakob Bleyer Gemeinschaft e.V. hätte von dem neuen Finanzierungsmodell profitieren können. Schmerzlich sei hingegen der Verlust der Mitbestim mungsrechte der deutschen Selbstverwaltungen beim pädagogischen Prog - ramm der Schulen gewesen. Man sei meist in der Defensive gewe- sen, so Heinek. Die vergangenen vier Jahre betrachtet Otto Heinek dennoch als eine Zeit der Entwicklung. Man habe ein neues Leitbild und einen Handlungsplan entwickelt, was als langsamer Prozess be - trachtet werden soll. Wichtig wäre hierbei die Richtlinien kom - petenz, die man bei der Erstellung von Lehrpläne erworben hat. Auch um die Fortentwicklung des schulischen Unterrichts habe man sich gekümmert: Im Rahmen des Operativen Programms zur Gesellschaftlichen Erneuerung (OPGE, ung. TÁMOP) sind zahl- reiche neue Lehrwerke und andere Lehrmaterialien (u. a. digita- le Medien) entstanden oder sind im Entstehen begriffen. Auch institutionell habe sich eine positive Entwicklung einge- setzt: Die LdU übernahm die Trägerschaft der Deutschen Bühne in Sexard und habe so deren Fortbestand gesichert. Das Valeria- Koch-Schulzentrum Fünfkirchen hat soeben eine 600 Millionen Forint teure Renovierung und Erweiterung erfahren und führte einsprachig deutsche Bildungsgänge im Kindergarten und in der Grundschule ein, ähnlich wie das UBZ Baje. Einen besonders interessanten Schulversuch stelle aus Sicht Heineks die Gründung einer Stiftung als Trägerin der Audi-Schule in Raab dar, denn hier müsse sich zeigen, wie sich ungarndeutsche Inhalte in einer Begegnungsschule integrieren ließen. Ohne Zweifel stellt die Frage des Schulwesen eine der entschei- dendsten Fragen hinsichtlich des Fortbestands der deutschen Minderheit dar. Nach Angaben von Otto Heinek würden Ge - spräche, Beratungen darüber stattfinden, wie man die Kräfte kon- zentrieren könnte, um Qualität zu si - chern. Man müsse auf „Schwerpunkt - schu len” mit zwei- oder einsprachigen An geboten hinarbeiten, anstelle unbe- dingt in der Masse präsent zu sein. Dies soll stets im Dialog mit den Vertretern der Ungarndeutschen und dem Träger passieren, die LdU und die örtlichen NSV sollen aber als Initatoren auftre- ten. Dabei soll die LdU als „zentrale Dienst leistungsstelle” mit Angeboten, Hil fe und fachlicher Beratung dienen. Nicht zuletzt aus dem Grunde, weil die LdU nach Angaben Heineks sich aus per sonellen und organisatorischen Grün- den außer Stande sieht, 240 Natio nali - tätenschulen zu verwalten. Dennoch soll das Konzept „Schwerpunktschulen” (Fortsetzung auf Seite 2)